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Oberlandesgericht Stuttgart bestätigt die Bestellung von Sibylle Wankel als Mitglied des Aufsichtsrats der Daimler AG

Datum: 01.03.2017

Kurzbeschreibung: 

Mit Beschluss vom 24. Februar 2017 hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz von Präsident Dr. Franz Steinle eine Entscheidung des Amtsgerichts Stuttgart über die Bestellung von Sibylle Wankel als Mitglied des Aufsichtsrats der Daimler AG bestätigt. Damit hat der Senat eine Beschwerde der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 25. August 2016 zurückgewiesen.

Der Aufsichtsrat der Daimler AG besteht aus zwanzig Mitgliedern, darunter zehn von Seiten der Anteilseigner sowie zehn von Seiten der Arbeitnehmer, von denen wiederum sieben Arbeitnehmer der Gesellschaft und drei Vertreter von Gewerkschaften sind. Nachdem ein bisheriges Aufsichtsratsmitglied aus dem Kreis der Vertreter von Gewerkschaften zum 30. Juni 2016 – und somit vor Ende der Wahlperiode – ausgeschieden ist, ist die Arbeitnehmerbank des Aufsichtsrats um einen Vertreter von Gewerkschaften zu ergänzen. Im Verfahren nach § 104 Abs. 2 AktG haben der Vorstand der Daimler AG sowie die IG Metall beantragt, Sibylle Wankel als Aufsichtsratsmitglied zu bestellen. Sie hat bis zum 30. Juni 2016 dem Aufsichtsrat der Audi AG angehört und ist – auch noch derzeit – Mitglied des Aufsichtsrats der Siemens AG. Die von der CGM vorgeschlagene Mitbewerberin ist seit 22 Jahren auf Abteilungsleiterebene bei der Daimler AG beschäftigt.

Das Amtsgericht hat im Beschluss vom 25. August 2016 u. a. ausgeführt, dass beide vorgeschlagenen Personen generell geeignet seien, das Aufsichtsratsmandat zu übernehmen. Für Frau Wankel spreche insbesondere, dass sie – anders als ihre Mitbewerberin – Volljuristin mit Schwerpunkt im Arbeits- und Sozialrecht sei und so im Aufsichtsrat, dem derzeit lediglich ein Jurist angehöre, diesbezüglicher Sachverstand ergänzt werden könne. Darüber hinaus verfüge Frau Wankel über Erfahrung in der Aufsichtsratstätigkeit; ein In-teressenwiderstreit zu ihrem noch bestehenden Aufsichtsratsmandat bei der Siemens AG bestehe nicht. Der Mitbewerberin fehle vergleichbare Erfahrung; zudem bestehe aufgrund ihrer langjährigen Beschäftigung bei der Daimler AG in leitender Funktion die Gefahr von Beeinflussung und Abhängigkeit, was zu Interessenkonflikten bei einer Aufsichtsratstätigkeit führen könne.

Auch der Senat hat das im Verfahren nach § 104 Abs. 2 AktG eröffnete Ermessen dahingehend ausgeübt, dass er Frau Sybille Wankel als Aufsichtsratsmitglied bestellt hat. Der Senat hat sich der Begründung des Amtsgerichts angeschlossen und darüber hinaus zu dem Beschwerdevorbringen im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

  • Ein Interessenkonflikt aufgrund des weiter bestehenden Aufsichtsratsmandats von Frau Wankel bei der Siemens AG ist nicht anzunehmen. Abgesehen davon, dass die Wahrnehmung von Organtätigkeiten in einem Konkurrenzunternehmen bereits in rechtlicher Hinsicht im Regelfall keinen Ausschlussgrund darstellt, sind im Verfahren auch in tatsächlicher Hinsicht keine konkreten Anhaltspunkte für ein Konkurrenzverhältnis ersichtlich geworden.
  • Keine Bedenken resultieren aus dem Umstand, dass dem Aufsichtsrat der Daimler AG gleichzeitig auch der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG als Mitglied der Anteilseignerbank angehört. Der Senat sieht keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass dieser von Frau Wankel angesichts deren Stellung als Aufsichtsratsmitglied bei der Siemens AG abhängig sei und es dadurch zu einer faktischen Umkehrung des rechtlich gebotenen Übergewichts der Anteilseigner- zugunsten der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat der Daimler AG kommen könne.
  • Eine Karenzzeit hat Frau Wankel nach ihrer Aufsichtsratstätigkeit bei der Audi AG nicht einzuhalten. § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG beschränkt nur – im Hinblick auf die Kontrollfunktion des Aufsichtsrates – den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat derselben börsennotierten Gesellschaft.
  • Schließlich ist dem Aktiengesetz auch kein Auswahlkriterium dahingehend zu entnehmen, dass alle im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften innerhalb der Arbeitnehmerbank des Aufsichtsrats repräsentiert sein müssen und deshalb der von der CGM vorgeschlagenen Kandidatin der Vorzug zu geben ist.


Aktenzeichen

20 W 8/16 - Oberlandesgericht Stuttgart

HRB 19360 - Amtsgericht Stuttgart



Relevante Normen:

§ 104 Aktiengesetz (AktG) – Auszug:

(2) Gehören dem Aufsichtsrat länger als drei Monate weniger Mitglieder als die durch Gesetz oder Satzung festgesetzte Zahl an, so hat ihn das Gericht auf Antrag auf diese Zahl zu ergänzen. In dringenden Fällen hat das Gericht auf Antrag den Aufsichtsrat auch vor Ablauf der Frist zu ergänzen. Das Antragsrecht bestimmt sich nach Absatz 1. Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zulässig.

(4) … Ist ein Aufsichtsratsmitglied zu ersetzen, bei dessen Wahl eine Spitzenorganisation der Gewerkschaften, eine Gewerkschaft oder die Betriebsräte ein Vorschlagsrecht hätten, so soll das Gericht Vorschläge dieser Stellen berücksichtigen, soweit nicht überwiegende Belange der Gesellschaft oder der Allgemeinheit der Bestellung des Vorgeschlagenen entgegenstehen; …

(6) Das Amt des gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitglieds erlischt in jedem Fall, sobald der Mangel behoben ist.


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